|  |    Třemešná
        - Osoblaha: Mit der Schmalspurbahn
        von Röwersdorf nach Hotzenplotz 
          
          
            
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              | Wo
                sich Fuchs und Has begegnen:  Bis heute bedient die Schmalspurbahn
                Tremesna  - Osoblaha
                einen verlassenen Landstrich von Mährisch-Schlesien nahe der
                polnischen Grenze. Am 04.05.2006 brummte die 1955 gebaute TU
                47 gemächlich Třemešná ve Slezsku entgegen. |    Anders als man es vielleicht erwarten
        würde, gab es in Tschechien
        seit jeher nur ganz wenige Schmalspurbahnen. Dies geht vor allem auf
        einen Beschluss des Böhmisch-Mährischen Landtages zurück, wonach nur
        zum Bau normalspuriger 'Sekundärbahnen' vergünstigte Darlehen
        gewährt wurden. Ein guter und weitsichtiger Entscheid, wie sich später
        herausstellen sollte. Einiger dieser wenigen
        760mm - Schmalspurstrecken auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen
        Republik und heute die einzige noch von der Staatsbahn ČD
        betriebene ist  Třemešná ve
                Slezsku - Osoblaha, die in mancher Hinsicht
        eine Besonderheit darstellt. Wer
        sich über die Gebirgszüge Nordmährens in Richtung Krnov zu dem
        Tschechien gehörenden Teil Schlesiens begibt, merkt bald einmal, dass er
        hier in eine der abgeschiedensten Ecken der Republik betritt. 
          
            
              | Als wir an einem kalten, regnerischen Sonntag
        beschliessen, in der
        Zugpause in einer kleinen, gemütlichen 'Restaurace' einzukehren, um uns
        wenigstens von innen etwas aufzuwärmen, mussten wir nach fast
        einer Stunde suchen enttäuscht feststellen, dass es solches in der Region
        schlicht nicht gibt. Selbst eine vielversprechende Kneipe an der
        Fernstrasse nach Město Albrechtice, die als einzige überhaupt
        geöffnet war, entpuppte sich als eiskalte, rauchgeschwängerte Knelle
        mit der Gemütlichkeit einer Bushaltestelle. Ausser 'Pivo',
        hochprozentigem und einer Clique hübscher Mädchen war da nichts zu
        haben. Nun, da wir uns als verheiratete Kollegen auf einem "Železnične-only-trip"
        befanden, liessen wir das sein und bliesen zum Übungsabbruch.
        Stattdessen gönnten wir uns einige Kekse im Auto und dösten hinter dem
        Bahnhof Liptan vor uns hin, ehe uns völlig unerwartet das Hupen des 'Räuber
        Hotzenplotz' alias Os 20607 aufschreckte. Was war geschehen ? Der Zug fuhr tatsächlich eine
        Viertelstunde früher als im Kursbuch vermerkt - das dicke Bündel loser
        Fahrplanänderungen zum Ausschneiden und Einkleben, welches wir mit dem
        'ČD jízdní řád' (Kursbuch)
        2002/ 2003 gleich mit erhielten, hatten wir
        Naiverweise natürlich ignoriert.
                Wie auch immer, wir folgten dem Zug bis zum Endpunkt
        Osoblaha. Kaum
        ein Fahrgast stieg an diesem regnerischen Sonntag in den Zug nach
        Hotzenplotz - denn wozu sollte er auch? |  |  
              | Úzkorozchodná
                Zeleznice' - ein wahrer Zungenbrecher - heisst auf deutsch
                schlicht 'Schmalspurbahn'. Die einzige solche der
              CD hat sogar ihr
              eigenes Logo, man stelle sich dies bei einem Unternehmen wie der
                DB AG vor ! |  
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              | Nichts
        als weites, fruchtbares
        Ackerland, Wald und Wiesen, soweit das Auge
        reicht. Eine noch heute praktisch unberührte Landschaft, dann und wann
        mal eine kleine, einsam gelegene Station, meist fernab vom zugehörigen
        Dorf passiert die Schmalspurbahn. Auch die früheren Ortsnamen könnten
        passender nicht sein: Liebenthal, Maidelberg, Amalienfeld, Rosswald oder Eichmühle. Selbst als 1945 rundherum der Krieg tobte,
        blieb es mancherorts in diesem
        einsamen Landstrich noch bemerkenswert ruhig. Die Bahn wurde, lese ich später,
        in erster Linie für den Transport von
        Agrarprodukten der Region gebaut; die viele Rollböcke in Třemešná
        zeugen noch heute von dem beachtlichen Güterverkehr, welcher die
        Bahn einst hatte. 
                 Anfänglich
        beförderten drei 1898 bei Krauss in Linz gebaute C1-Tenderlokomotiven
        der österreichischen Standard-Reihe U 37 mit ihren typischen Kobelschornsteinen
        den Verkehr. 
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              | Nur
                selten herrscht auf der Schmalspurbahn grosser Fahrgastandrang.
                Am 04.05.2006 wartet die 705 914 in Osoblaha auf weitere
                Passagiere. |  
              |  Bereits in den dreissiger Jahren begann die ČSD, mit modernen Dieseltriebwagen den
        Betrieb auf vielen Nebenstrecken zu rationalisieren und zu beschleunigen.
        Für die 'Hotzenplotze' - so wurde die Bahn damals vom Volksmund im schlesischen
                Dialekt genannt - wurde in der Folge gar eine Schmalspurvariante
        der bekannten, schmucken ČSD-Turmtriebwagen gebaut. Nach dem Krieg änderten sich
        die Vorzeichen radikal. Rationelle Betriebsführung und zeitgemässe
                Marktleistungen waren nicht  unbedingt die Stärken
                sozialistischer Staatsbetriebe, wie es die ČSD
                nun war. Es ging nun viel profaner schlicht darum, den Verkehr
                mit dem abgewirtschafteten Rollmaterial überhaupt irgendwie bewältigen
                zu können
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        So sollten nun schlichte, aber robuste und für alle Leistungen und
        Strecken einsetzbare Einheitsdieselloks die alten U 37 und die Schmalspurtriebwagen ablösen.
                 ČKD
        lieferte ab 1954 die Bo' Bo' Lokomotiven der Reihe TU 47, eine gelungene Konstruktion,
        die sich seither bewährt hatte. Analog dem Anfangs fünfziger Jahre in
        grossen Stückzahlen gebauten 'kleinen Hektor' T434.0 für Normalspur
        wählte man für die Schmalspurvariante die dieselelektrische
        Kraftübertragung. Die Leistung von 350 PS und die
        Höchstgeschwindigkeit von 50km/ h waren nicht gerade berauschend, 
        für die
        760mm-Strecken in Tschechien aber absolut ausreichend. Ähnlich dem 'Hektor', wurde später auch eine kleine Serie dieser Schmalspurlokomotive zum
        'Grossen Bruder' in die Sowjetunion geliefert. Ob einzelne diese
        Lokomotiven dort noch irgendwo überlebt haben oder sogar noch fahren,
        entzieht sich meiner Kenntnis. Auf der Strecke nach Osoblaha hingegen bewältigen
        sie bis heute den Gesamtverkehr.
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              | Die
                
        
              schmucken
              TU47 Gepäcklokomtiven im Ablieferungszustand, damals natürlich
              wie alle tschechischen Lokomotiven mit dem obligaten, roten
              Stern. |    
          
            
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              | Navštivte
                den Dráhy: Wie viele Eisenbahnfreunde mögen dem Aufruf der
                ČD  gefolgt sein, am "Tag
                der Eisenbahn" doch einmal der Schmalspurbahn Třemešná ve
                Slezsku - Osoblaha einen Besuch abzustatten ?
                
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              | Dass hier die
                Zeit beinahe stehen geblieben ist, zeigt ein
                Blick auf die Fahrplantabellen aus dem DR Kursbuch von 1941 und
                dem der CD von 2002/2003: Anzahl Züge und Fahrplanlage haben
                sich  über Jahrzehnte kaum wesentlich
                verändert, abgesehen von Zugnummern,
                Ortsnamen und den reinen Fahrzeiten. Heute sind diese aber immerhin rund 20 Minuten
                kürzer als damals. |  Das
        Städtchen Hotzenplotz war seit jeher Endpunkt der Strecke. 1919
        wurde es nach der Gründung der Republik Tschechoslowakei in Osoblaha
        umbenannt, alte Aufnahmen aus der Zwischenkriegszeit zeigen allerdings
        noch in den dreissiger Jahren beide Namen
        am Bahnhofsgebäude angeschrieben. Nach dem 'Anschluss' des
        Sudetenlandes 1938 wurde die Bahn der RBD Oppeln unterstellt. Während
        die ländliche Region in den Kriegsjahren relativ ruhig blieb, brach das
        Unheil im Januar 1945 über Hotzemplotz herein: Das Städchen wurde total zerstört
        und weitgehend dem Boden gleich gemacht.  Noch
        heute wirkt
        Osoblaha geprägt vom melancholischen 'Grau-in-Grau' der vergangenen
        Jahrzehnte. Und wer gar versucht, nördlich zum letzten Dorf vor der
        Polnischen Grenze vorzudringen, findet sich bald
        auf einer nahezu unpassierbaren Kopfsteinpflasterstrasse, die einst ins
        nahe gelegene schlesische Deutsch Rasselwitz weiterführte. Das Schicksal scheint dieser Gegend
        nicht allzu grosses Glück beschieden zu haben.     Ursprünglich
        war Schlesien ein Kronland Österreich-Ungarns,
        ehe es 1763 im 'Frieden von Hubertusburg' nach drei erbitterten Kriegen mit Preussen aufgeteilt
        und zum Grossteil Preussen zugeschlagen wurde. Aber viele
        familiäre, kulturelle und wirtschaftlichen
        Bindungen blieben bei dieser willkürlichen Grenzziehung
        zwischen Preussisch- und Mährisch-Schlesien bestehen. Selbst nach der
        Gründung der
        ersten Tschechoslowakischen Republik 1919 lagen die Zentren Oppeln oder Breslau
        für
        die Region noch immer näher und schneller erreichbar als die neue
        Hauptstadt Prag; ab Troppau gab es beispielsweise gar einen direkten D-Zug nach Berlin.
        Erst die unglückliche Politik gegenüber den nun
        vorwiegend deutschstämmigen Minderheiten in der Ära Masaryk, dann das
        für die Tschechoslowakei fatale 'Münchner Abkommen' von 1938, der
        zweite Weltkrieg mit der deutschen Besetzung der gesamten Tschechoslowakei
        und die 1946 folgende Vertreibung der Sudetendeutschen änderte all dies radikal. Aber
        noch immer fährt hier die Schmalspurbahn, wie man sie sich
        idyllischer und beschaulicher kaum vorstellen könnte. In den vergangenen Jahren hat es allerdings
        nicht an Versuchen gefehlt seitens der ČD,
        sich dieser Strecke zu entledigen. Aber offensichtlich ohne Erfolg,
        denn wie ein Wunder tauchte die KBS 298 stets von Neuem im ČD-Kursbuch
        auf. Auch am Zugsangebot änderte sich über die Jahre kaum etwas. Wie lange noch?     
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              |  | (c) Markus
                Fischer, Zürich |  |  |